Der Kreistag begrüßt die vom Thüringer Landesverwaltungsamt mit an den Landkreis gerichtetem Schreiben vom 13.8.2013 geäußerte Absicht, einen Beauftragten gemäß § 122 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung zur Wahrnehmung aller Angelegenheiten des Landrates des Unstrut-Hainich-Kreises betreffend die Haushalts- und Vermögenswirtschaft nach den §§ 52a bis 85 Thüringer Kommunalordnung zu bestellen.

Herr Montag, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, führte aus, dass die Beschlussvorlage, die er jetzt vortragen werde, die Beschlussvorlage ersetze, die die Freie Wählergemeinschaft am 11.09. bei der Verwaltung eingereicht habe. Die Beschlussvorlage, die er vortrage, sei eine gemeinsame Beschlussvorlage der Fraktionen CDU, FDP und FWG. Zunächst wolle er die Beschlussvorlage verlesen:

„Der Kreistag möge beschließen:

1. Der Kreistag begrüßt die vom Thüringer Landesverwaltungsamt mit an den Landkreis gerichtetem Schreiben vom 13.8.2013 geäußerte Absicht, einen Beauftragten gemäß § 122 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung zur Wahrnehmung aller Angelegenheiten des Landrates des Unstrut-Hainich-Kreises betreffend die Haushalts- und Vermögenswirtschaft nach den §§ 52a bis 85 Thüringer Kommunalordnung zu bestellen. Der Kreistag wünscht darüber hinausgehend die Übertragung aller Aufgaben des Landrates auf den zu bestellenden Beauftragten, allenfalls unter Belassung repräsentativer Aufgaben. Insofern sollen insbesondere folgende Zuständigkeiten auf den zu bestellenden Beauftragten übertragen werden:

  • alle Angelegenheiten betreffend die Haushalts- und Vermögenswirtschaft,
  • alle laufenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises,
  • alle Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises,
  • alle Personal- und Dienstaufsichtsangelegenheiten,
  • alle Angelegenheiten, die die Vertretung des Landkreises in Gesellschafterversammlungen betreffen, einschließlich der mit Beteiligungen zusammenhängenden Informationsrechte und
  • alle Angelegenheiten, die die Mitgliedschaft in Aufsichtsgremien betreffen, in denen der Landrat Mitglied kraft Amtes ist.

    2. Der Kreistag befürwortet es zudem, gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - wie vom Thüringer Landesverwaltungsamt beabsichtigt - die sofortige Vollziehung der beabsichtigten Bestellung eines Beauftragten anzuordnen.

    3. Der Landrat wird beauftragt, dem Thüringer Landesverwaltungsamt im Rahmen der mit Schreiben vom 13.08.2013 erfolgenden Anhörung diesen gesamten Beschluss zuzuleiten und dem Landesverwaltungsamt folgendes mitzuteilen:

    „Der Unstrut-Hainich-Kreis befürwortet die vom Landesverwaltungsamt gemäß § 122 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung beabsichtigte Bestellung eines Beauftragten zur Wahrnehmung aller Angelegenheiten des Landrates des Unstrut-Hainich- Kreises betreffend die Haushalts- und Vermögenswirtschaft.

    Darüber hinaus befürwortet der Unstrut-Hainich-Kreis die Übertragung aller Aufgaben des Landrates auf den zu bestellenden Beauftragten. Schließlich befürwortet der Unstrut-Hainich-Kreis die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Bestellung des Beauftragten.“


    Derzeit befinde man sich in der Anhörung der angekündigten Einsetzung eines Beauftragten durch das Landesverwaltungsamt. Grund für diese Ankündigung sei die Haushaltswirtschaft des Landkreises, die seit vielen Jahren nicht mehr den gesetzlichen Bestimmungen entspreche und zu einem katastrophalen Ergebnis geführt habe, der Anhäufung eines Fehlbetrages von über 30 Mio. EUR.

    Er wolle heute nicht von über 50 Mio. EUR Dauerschulden und weiteren 10 Mio. EUR Leasingverpflichtungen sprechen, sondern wolle sich auf die Anhäufung dieses Fehlbetrages von über 30 Mio. EUR und dessen Entstehung und Auswirkungen beschränken. 30 Mio. EUR aufgelaufene Fehlbeträge scheinen eine derart unfassbare Größenordnung darzustellen, dass hierüber eher selten berichtet und gesprochen werde.

    Da werde schon eher über einen Betrag von 250 oder 500 EUR gesprochen und dazu ein Foto veröffentlicht, aber 30 Mio. EUR, das sei scheinbar so unfassbar viel, dass es in der öffentlichen Diskussion kaum eine Rolle spiele. 30 Mio. EUR, das sei etwa so viel wie ein Viertel unseres Verwaltungshaushaltes, das sei ungefähr so viel wie die gesamten Personalkosten der Verwaltung oder das ist etwa doppelt so viel, wie man an Sachkosten jedes Jahr in die Schulen investiere.

    30 Mio. EUR aufgelaufene Fehlbeträge würden sich nicht irgendwann in Luft auflösen, sondern diese Schulden seien abzutragen, entweder von der jetzigen Generation, so wie es das Gesetz vorsehe oder von den Kindern und Enkeln, wenn man so weiter wirtschafte wie es Landrat Zanker in seiner Stellungnahme vorsehe.

    Die Fraktionen CDU, FDP und FWG betrachten die Einsetzung eines Beauftragten durch die Aufsichtsbehörde als einen lange überfälligen Schritt, als ein Hilfsangebot des Freistaates. In großer Sorge um die Gemeinden und Städte und um dem Unstrut-Hainich-Kreis wieder eine Zukunftsperspektive zu geben, sehe man Chancen, dass der Beauftragte als Sachverwalter die Haushaltswirtschaft wieder in gesetzliche Bahnen bringen könne, auch wenn es ein langer und schwieriger Weg werde.

    Frau Karl habe nach der letzten Haushalts- und Finanzausschuss-Sitzung gesagt, da könnte man auch gleich den Kreistag abschaffen. Er müsse ihr sagen, was die Zuständigkeit des Kreistages die Haushaltswirtschaft betreffend angehe, so sei man seit vielen Jahren abgeschafft. Seit vielen Jahren könne man nicht mehr über Haushaltspläne beschließen, weil entweder gar keine vorliegen würden oder die, die vorgelegt würden, nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Gar keine habe es in diesem Jahr und in den Jahren 2006 und 2008 gegeben. Der im vergangenen Jahr vorgelegte Haushaltsplan, den man nicht beschlossen habe, habe nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprochen, weil er Einnahmeansätze ausgewiesen hatte, für die es nach der Gemeinde-Haushaltsverordnung keinen Ansatzgrund gegeben habe.

    Er wolle eine kurze Geschichte in die Haushalte des Landkreises darlegen: Erstmals im Jahr 2006 hatte der Landkreis keinen Haushaltsplan und trotzdem am Jahresende einen Fehlbetrag in Höhe von 9,7 Mio. EUR. Das sei ungefähr 1/3 der jetzt aufgelaufenen 30 Mio. EUR - in einem Jahr ohne Haushaltsplan. Bereits im Jahr 2007 hätte die Rechtsaufsichtsbehörde tätig werden und einen Beauftragten einsetzen müssen, dann wären die Fehlbeträge in den Folgejahren nicht so angewachsen.

    Aus diesem Grund könne das Thüringer Landesverwaltungsamt nicht von seiner Verantwortung und von seinen Versäumnissen entbunden werden, die durch die jahrelange Untätigkeit bei der Kontrolle der Haushaltswirtschaft des Landkreises entstanden seien.

    Weiter gehe es in der Chronik. Im Jahr 2008 habe es keinen Haushaltsplan gegeben und am Ende des Jahres einen Fehlbetrag in Höhe von 4,7 Mio. EUR. 2010 sei der Haushaltsplan per Ersatzvornahme durch das Landesverwaltungsamt festgesetzt worden. Der Fehlbetrag habe 5,8 Mio. EUR betragen. Der Haushaltsplan 2012 sei ebenfalls durch Ersatzvornahme des Landesverwaltungsamtes festgesetzt worden. Der Fehlbetrag habe 1,8 Mio. EUR betragen.

    Wie konnte es zu dieser Anhäufung der Fehlbeträge kommen? Hauptursache seien zweifelsfrei die ungesetzlichen Haushaltsansätze bei der Erstellung der Haushaltspläne. So seien jedes Jahr Einnahmen geplant worden, deren Umsetzung dann so nicht eingetreten seien. Gleichzeitig seien aber alle geplanten Ausgaben getätigt worden, so dass sich am Jahresende ein Fehlbetrag ergeben habe.

    Eine umfangreiche Aufstellung aller sogenannten Luftbuchungen habe er an dieser Stelle des Öfteren vorgetragen, er verzichte heute darauf, an der Vorgehensweise habe sich jedoch nichts geändert.

    Beispielsweise sei der Verkauf der Altenheime seit 2007 bis 2012 jedes Jahr als Einnahmeposition im Haushaltsplan eingestellt gewesen. Logischerweise und zweifelsfrei könne man eine Einnahme nur ein Mal erzielen und so sei es auch geschehen. Sechs Mal geplante Einnahmen von ca. 7 Mio. EUR abzüglich der tatsächlichen Einnahme, das seien 35 Mio. EUR gesetzwidrig geplante Einnahmen. Hier sei die Ursache der Misere schnell ausgemacht.

    Viele Versuche habe es seitens des Kreistages gegeben, den Landrat zur rechtzeitigen Erstellung der Haushaltspläne zu veranlassen. Beschlüsse seien gefasst worden, obwohl sich die Pflicht bereits aus der Thüringer Kommunalordnung ergebe.

    Ende 2012 forderte der Kreistag vom Landrat einen verbindlichen Terminplan zur Erstellung des Haushaltes 2013. Diesen habe man dann auch erhalten, allerdings sei dieser Terminplan durch Landrat Zanker nicht eingehalten worden. Noch im April habe Herr Zanker an das Landesverwaltungsamt geschrieben, dass damit zu rechnen sei, dass vor dem 30.06. noch ein Haushaltsplan beschlossen werde. Aber auch das sei nicht eingetreten. Gerade eben habe Herr Zanker vorgetragen, dass es einen Haushaltsplanentwurf gebe, der, je nach dem, eine Kreisumlage von 52 bis 67 % ausweisen würde. Bei allen Unwägsamkeiten, die allen bei dieser Höhe der Kreisumlage bekannt seien, es wäre die gesetzliche Pflicht des Landrates gewesen, diesen Planentwurf in den Kreistag einzubringen.

    Er wolle jetzt nicht an die Verpflichtung erinnern, die der Landrat und alle Kreistagsabgeordneten hier an dieser Stelle abgegeben haben, die Gesetze zu wahren. Dauernde Gesetzesverstöße durch Landrat Zanker haben das fehlende Vertrauen großer Teile des Kreistages hervorgerufen und deswegen erscheine die Einsetzung eines Beauftragten durch das Landesverwaltungsamt nicht nur als letzte Möglichkeit, sondern auch und gerade als eine Chance die Haushaltswirtschaft des Landkreises zu ordnen.

    Es gebe die Befürchtung, dass ein staatlich Beauftragter als erstes die Kreisumlage erhöhen werde. Hierzu sei festzustellen, dass bereits schon jetzt die Höhe der Kreisumlage für viele Gemeinden und Städte im Unstrut-Hainich-Kreis kaum noch zu schultern sei. Zahlten die Gemeinden und Städte im Jahr 2006 noch 26 Mio. EUR an Kreisumlage, so seien es im Jahr 2012 bereits 36,8 Mio. EUR gewesen, ohne dass dies zu einem positiven Ergebnis der Jahresrechnung des Landkreises geführt hätte. Die Kreisumlage werde also nicht mit dem Beauftragten ein Problem für die Gemeinden und Städte im Landkreis, sondern sie sei es bereits jetzt. Die offenen Forderungen, die der Landkreis bei der Eintreibung der Kreisumlage habe, seien dafür ein beredtes Beispiel.

    Der Kreistag sei der Auffassung, dass die Belastung der Städte und Gemeinden durch die Kreisumlage nicht weiter erhöht werden dürfe und soweit und sobald ein finanzieller Spielraum vorhanden sei, dringend gesenkt werden müsse.

    Die erwirtschafteten Fehlbeträge von über 30 Mio. EUR seien ein Haushaltsvorgriff auf zukünftige Haushaltsjahre. Das wisse jeder, der sich mit Haushaltsrecht auskenne. Im Übrigen sei es auch nachzulesen im Bericht des Rechnungsprüfungsamtes für das Rechnungsjahr 2011, auf Seite 9.

    Es sei das Gebot der Stunde jetzt die Reißleine der bisherigen Haushaltswirtschaft zu ziehen und neue Wege zu gehen. Die Entscheidung sei nicht für oder gegen Harald Zanker, das lasse sich auch nicht hinein interpretieren und daran ändere auch die wirklich hervorragende Öffentlichkeitsarbeit des Landrates der letzten Tage nichts. Die Entscheidung für einen staatlich Beauftragten richte sich auch nicht persönlich gegen Harald Zanker und diese Entscheidung richte sich schon gar nicht gegen den Unstrut-Hainich-Kreis, sondern sie sei eine Perspektive für den Landkreis.

    Die Entscheidung sei - Augen zu und weiter so - oder Beginn eines neuen, wenn auch schwierigen Weges, dessen Ziel die Gesundung der Finanzen des Landkreises und nicht die Vererbung an die Kinder und Enkel sei. Vielleicht noch nicht die Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode in den Städten und Gemeinden, aber er denke die Abgeordneten der übernächsten Legislaturperiode werden die heutige Entscheidung danken.


    Freie Wähler im Unstrut-Hainich-Kreis
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